Warum wird auch heutzutage noch mit analogen Objektiven fotografiert? Ein bunt illustrierter Exkurs in Theorie und Praxis.
Warum sollte jemand zur alten Analoglinse greifen, wenn es heutzutage Objektive mit besser vergüteten, präziser geschliffenen Linsen und dazu Komfortfunktionen wie Autofokus und Blendenautomatik gibt? Die Beweggründe können unterschiedlicher Natur sein und sind im Folgenden beleuchtet. Anschließend sehen wir uns die besonderen, mitunter einzigartigen Abbildungseigenschaften analoger Optiken an.
Beweggründe für das Fotografieren mit analogen Objektiven
Erlernen physikalischer, optischer Gesetzmäßigkeiten
Nimmt man eine topmoderne Systemkamera in die Hand, können die Anfänger-Tutorials etwas abstrakt wirken, da es letztendlich nur um das Einstellen verschiedener Zahlenwerte an Knöpfen oder im Kameramenü geht. Ganz anders bei großen, analogen Geräten:
Dreht man am Blendenring, lässt sich deutlich das Öffnen und Schließen der Blendenlamellen beobachte, und wie sich das auf die Schärfentiefe und die Abbildungsleistung des Objektives auswirkt, sprich: Freistell-Effekt sowie Details und Schärfe im Foto. Der Verlauf des Lichtes durch die Linsen lässt sich dadurch fast greifbar nachvollziehen und einfach verstehen.
Mit dem Verstellen der Blende ändert sich natürlich auch die Menge des durchgelassenen Lichtes, sodass der Zusammenhang mit Belichtungszeit und ISO-Wert offensichtlich wird.
Fällt das Licht durch die ganze Fläche der Linsen ein, sind auch deren Randbereiche betroffen, in denen es, je nach Objektiv, zu leichtem bis starkem Detailverlust kommt – das Motiv verschwimmt nach außen hin. Mit dem Schließen der Blende lässt sich am Kameradisplay beobachten, wie sich die Abbildungsleistung des Objektivs verändert.
Entschleunigung, intensiveres Fotografieren
Durch die zwingend vorzunehmenden Einstellungen am Objektiv muss sich der Fotografierende genau mit dem Motiv und seinen Ideen vom fertigen Foto auseinandersetzen. Man hat volle Kontrolle, aber auch volle Verantwortung. Der Arbeitsprozess ist länger, das Ergebnis aber mitunter auf Anhieb dem Wunsch entsprechend. Diese Art des Fotografierens steht in einem krassen Kontrast zum Konsum der alltäglichen Flut an (Bild-) Informationen, und kann ein regelrecht meditativer Vorgang sein.
Die Haptik – Heavy Metal
Manche Objektive sind vollständig aus Metall und Glas gefertigt. Der Objektivkörper ist kühl und schwer, alle Elemente wirken beim Greifen und Bewegen unglaublich stabil. Dazu leichtgängige Blendenringe mit klaren Einrastpunkten, und ein direkter Fokus, ohne digitale Übersetzung für einen Motor, sodass die Fokusebene unverfälscht und zu 100 % direkt von der Bewegung der eigenen Hand verschoben wird. Die Haptik so eines Objektivs ist unvergleichlich.
Der handwerkliche Aspekt
Im Vergleich zum bloßen Drücken des Auslösers bei Vollautomatik, ist der manuelle Anteil beim Analogobjektiv sehr hoch. Das fotografische Erzeugnis muss selber erarbeitet werden.
Zudem hat man bei manchen Modellen das Gefühl, ein uraltes und irrsinnig robustes Werkzeug in der Hand zu halten, das auch nach 100 Jahren noch funktionieren kann (was es auch würde, insofern es zwischendurch neu gefettet wird), was dem Umgang mit der Kamera etwas besonderes verleiht.
Günstig und verfügbar
Günstig ist relativ. Bei überragenden Abbildungseigenschaften und hoher Lichtstärke kann der Preis schnell jenen moderner Einsteiger-Objektive übertreffen und im unteren bis mittleren dreistelligen Bereich landen; bei Kultobjektiven namhafter Hersteller sind auch vierstellige Preise zu beobachten.
Mit ein wenig Glück sind gute Optiken aber für wenig Geld auf Flohmärkten zu finden, und inzwischen gibt es auch Hersteller, die neue Analogobjektive produzieren. Viel häufiger aber kann es vorkommen, dass ein Bekannter noch eines hat, oder sich eine Kiste auf einem Dachboden findet – dann muss lediglich ein digitaler Kamerakörper gewählt und ein Adapter besorgt werden, und schon ist ein voll funktionsfähiges Kamerasystem einsatzbereit, dessen Bilder genauso wie alle anderen Bilddateien gehandhabt werden können.
Eine Auswahl hier verwendeter Analogobjektive
Carl Zeiss Jena Pancolar 50 mm f 1.8
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Blendenlamellen-Analogobjektiv-Carl-Zeiss-Jena-Pancolar-50-by-Jan-Szolnoki-1024x682.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Analogobjektiv-Carl-Zeiss-Jena-Pancolar-50-1-8-by-Jan-Szolnoki-1024x682.jpg)
Carl Zeiss Jena Flektogon 35 mm f 2.8
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Analog-Objektiv-Carl-Zeiss-Jena-Flektogon-35-2-8-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
USSR Helios 44–2 58 mm f 2
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Analogobjektiv-Helios-44-58-USSR-by-Jan-Szolnoki-1024x682.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Analogobjektiv-Helios-44-58-Frontlinse-by-Jan-Szolnoki-1024x682.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Analogobjektiv-Helios-44-58-Skala-by-Jan-Szolnoki-1024x682.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Analogobjektiv-Helios-44-58-Adapter-Fuji-X-by-Jan-Szolnoki-1024x682.jpg)
Vorrangig zu bedenkende Abbildungsfehler können sein:
- Randunschärfe
- Kontrastverlust bei Gegenlicht
- Detailverlust bei Offenblende
- Lichtreflexionen im Objektiv
Bei den hier betrachteten Objektiven handelt es sich weitestgehend um Optiken, die zum Höhepunkt ihrer Zeit qualitativ der soliden Mittelklasse entsprachen. Betrachtet man Premium-Objektive wie etwa aus dem Hause Leica, wird man auch bei denen aus jener Zeit bereits eine überragende Bildqualität beobachten können, und auf diese treffen viele der hier aufgeführten Punkte nicht zu, einfach weil deren Linsen besser vergütet und präziser geschliffen worden waren.
Was aber — rein technisch gesehen — Fehler sind, kann sich zugleich zu einer Stärke umkehren, wenn sie bekannt sind und als Stilmittel eingesetzt werden.
Besondere Bildeigenschaften durch analoge Objektive
Lichtreflexionen im Objektiv — Überstrahlen
Innerhalb des Objektivs wird ein Teil des einfallenden Lichts zwischen den Linsen reflektiert, wodurch es zum Überstrahlen besonders heller Objekte kommt. Dies kann eine faszinierende Bildwirkung erzeugen: Details im Bild, oder gar das Hauptmotiv, strahlen im Wortsinn – der Betrachter kann das Gleißen regelrecht spüren.
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Waldlichtung-mit-CZJ-Pancolar-50-1-8-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Fruehjahr-Buchenwald-mit-Flektogon-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Pferde-in-Morgensonne-mit-Pancolar-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Windpark-Sonnenuntergang-mit-Pancolar-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Rammstein-Olympiastadion-Berlin-Pancolar-50-1-8-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
Randunschärfe + Fotografieren bei Offenblende
Durch die Detailreduktion im Randbereich wird das Auge in der Bildmitte gehalten. Dieser Effekt tritt besonders stark bei Offenblende auf, die das Motiv zugleich am stärksten freistellt. Es wird zusätzlich aus seiner Umgebung herausgearbeitet, und das funktioniert selbst bei großen Objekten, wie etwa einer riesigen Buche.
Ins Extreme getrieben, kann durch solch verschwimmende Bildbereiche eine surrealer, traumartige Anmutung entstehen — das Auge verweilt im schärferen Zentrum der Fotografie, wird nicht durch übermäßige Details abgelenkt, Licht und Farben entfalten ihre volle Wirkung, und zugleich werden wir an Traumbilder erinnert, die wir nur noch in Bruchstücken vor Augen haben.
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Buche-mit-Helios-58-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Efeuranke-auf-Baumwurzel-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Laubwald-Abendlicht-mit-Helios-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Rosenstrauch-mit-Flektogon-Analogobjektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
Schärfentiefe — Freistellen
Wird der Detailverlust bei Offenblende akzeptiert, kann mit einem Pancolar 50 mm f 1.8 oder Helios 58 mm f 2 das Motiv stark freigestellt werden. Durch die Lichtstärke so einer Optik kann die Blende leicht geschlossen werden, sodass Detailgrad und Schärfe stark erhöht werden, aber immer noch eine deutliche Differenzierbarkeit zum Hintergrund besteht.
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Fliegenpilz-Pancolar-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Waldbeeren-mit-Pancolar-50-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Garten-Brombeeren-mit-Pancolar-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
Bokeh
Manche Objektive haben ein besonders charakteristisches Bokeh. Das Flektogon etwa hat eine Blende, die aus fünf Lamellen besteht, sodass sich beim Abblenden fünfeckige Lichtflecken ergeben. Die Blende des Pancolar erzeugt sechseckige Bokeh-Effekte, und das Helios hat acht Lamellen, wodurch die Bokeh-Reflexe auch bei starkem Abblenden nahezu kreisrund sind.
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Barlauchbluete-Bokeh-mit-Flektogon-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Graeser-Bokeh-Pancolar-Analogobjektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
Abbildungsleistung
Manche alte Analogoptiken stehen modernen Objektiven in nichts nach, wenn man sie im optimalen Arbeitsbereich verwendet. Zugleich haben Fotos, die mit ihnen aufgenommen wurden, eine unmerklich weiche Anmutung. Die Kanten feiner Objekte sind weniger scharf, was Bildern im Gesamten eine angenehmere Ausstrahlung verleihen kann. Hier kommt es ganz auf den Einsatzbereich und das gewünschte Ergebnis an.
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Sommerwald-mit-Pancolar-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Dom-Koenigslutter-mit-Pancolar-50-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Stifthirt-Kiefernwald-mit-Pancolar-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Durham-Castle-mit-Pancolar-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
Kontrastverlust
Hochwertige moderne Objektive können, dank weiterentwickelter Beschichtungen der Linsen, problemlos bei Gegenlicht verwendet werden. Alte Analogobjektive zeigen hier schnell Kontrastverlust – bei direktem und starkem Gegenlicht mitunter enorm. Dieser Effekt kann gezielt eingesetzt werden, wenn Pastelltöne und eine kontrastarme Abbildung erzielt werden soll. Eine Hand als Sonnenblende reicht ansonsten aus, um diesen Effekt stark zu minimieren.
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Akelei-Bokeh-mit-Flektogon-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Sonnenuntergang-Birke-Pancolar-50-1-8-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
Lens flares – Blend-Effekte des Objektivs
Bei starken Lichtquellen oder einstrahlender Sonne aus bestimmten Winkeln kommt es zu Lens flares. Während bei hochwertigen, modernen Objektiven lediglich eine sternförmige Lichtstruktur zu sehen ist, erzeugen alte Analogobjektive ein regelrechtes Effektfeuerwerk: Durch die Lamellenkonstruktion der Blende wird das Licht in viele Strahlen gebrochen und gelenkt, und die Vergütungen der Linsen verursachen farbige Artefakte. Dies kann zu sagenhaften Bildkompositionen führen, und, wie auch das Überstrahlen, die Bildwirkung und –Stimmung maßgeblich prägen.
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Buchen-Abendsonne-mit-Flektogon-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Sonnenuntergang-Unterholz-mit-Helios-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Lensflares-Wald-Helios-58-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Lensflares-Helios-44-58-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
Manche Lichtreflexe geben Fotografien eine Retro-Note. Andere wiederum können einen Eindruck erzeugen, der gänzlich ins Gegenteil ausschlägt und futuristisch anmutet, regelrecht an ein Science-Fiction-Szenario erinnert, oder eines jener Fotos, das von den Weltraumagenturen veröffentlicht wird. Die Kamera könnte zu einer Sonde gehören, die einen fernen Planeten erkundet — elektromagnetische Felder passieren die fremdartige Atmosphäre und stören den Fotosensor, und die benachbarte Sonne strahlt mit einer Intensität, die selbst die High-Tech-Linsen des Forschungsgerätes an ihre Grenzen bringt:
![](https://gruenstufen.de/wp-content/uploads/2023/04/Waldpanorama-Sonnenaufgang-mit-Flektogon-Objektiv-by-Jan-Szolnoki-1024x683.jpg)
An dieser Stelle endet der Exkurs. Für Tipps, wie man ein gutes Analogobjektiv ausfindig machen kann, ist im Folgenden ein Leitfaden zusammengestellt.
Wie finde ich ein gutes Analogobjektiv für digitale Fotografie?
Voraussetzung:
- Eine Systemkamera (DSLM – Digital Single Lens Mirrorless) mit vollem Manuell-Modus
- Ein Adapter, der vom Bajonett der Kamera aufs Bajonett des Objektivs überbrückt
Diese Eigenschaften sollte das Objektiv mitbringen:
Auch damals wurden tonnenweise Billigobjektive produziert. Selbst die Objektive des soliden, mittleren Preissegmentes weisen Merkmale auf, die wir gezielt als Stilmittel einsetzen müssen, ansonsten würden sie sich negativ auf die Qualität unseres Fotos auswirken. Für alte Analog-Objektive bedeutet das:
Hohe Lichtstärke
Ein lichtstarkes Objektiv ermöglicht:
- Abblenden: Durch die hohe Lichtstärke können wir etwas abblenden. Selbst dann noch haben wir einen hohen Freistell-Effekt, aber die Abbildungsleistung des Objektivs verstärkt sich oft eklatant.
- Viele Einsatzmöglichkeiten: verstärkter Freistelleffekt bei Offenblende, weiche Anmutung, Spielraum für Bokeh und Fotografie bei wenig Licht
Normalbrennweite
Ob nun eher Panorama, Portrait, oder mit starkem Tele fotografiert wird, ist natürlich jedem selber überlassen. Ein großer Vorteil der Normalbrennweite ist: Es gab bzw. gibt sehr viele 50 mm-Objektive, da 50 mm an Kleinbild ein weit verbreitetes Standard-Format war, das sogenannte „Reportage-Format“.
Unter den 50 mm-Objektiven gibt es auch viele, die sehr lichtstark sind. Neben der Lichtstärke selbst bieten sie den Vorteil, dass mit ihnen selbst bei leichtem Abblenden noch hervorragend freigestellt werden kann.
Es ist abhängig von der Sensorgröße der Kamera, welche tatsächliche Brennweite wir erzielen – der Bildsensor der Fuji X‑T1 etwa ist kleiner als 35 mm-Film, und es wird somit nur ein Teil der Linsenfläche genutzt, wodurch die Brennweite des Analogobjektivs (das für 35 mm-Kameras gebaut wurde) mit 1,5 multipliziert werden muss. Ein 50 mm-Objektiv wird an der X‑T1 somit zu einer 75 mm-Brennweite (ideal für Portraits und in Szene gesetzte Objekte). Ein 50 mm-Objektiv ergibt an einer modernen Vollformat-Kamera folglich ebenfalls wieder 50 mm.
Einwandfreier Zustand
Wer ein analoges Objektiv zerlegen, reinigen, und – besonders wichtig – auch wieder zusammenbauen (und, in manchen Fällen, zentrieren) kann, wird darauf nicht besonders achten müssen. Ansonsten gilt:
Funktionierende Blende
Das Objektiv sollte eine funktionierende Blende haben. Sprich: Dreht man den Blendenring, müssen sich alle Blendenlamellen einwandfrei und augenblicklich entsprechend schließen bzw. öffnen. Regt sich nichts, oder bewegen sich die Lamellen langsam oder zeigen schwarze Schlieren, ist das Objektiv verharzt. Dies hieße, es müsste zerlegt und die Lamellen gereinigt werden.
Kein Pilz im Objektiv
Es sollte sich kein Pilz im Objektiv befinden. Werden Objektive zu lang zu feucht gelagert, können auf den inneren Linsen Pilze wachsen. Sie sehen aus wie feine Wurzelgeflechte und können leicht erkannt werden, indem man in das Objektiv hineinleuchtet und (in dieselbe Richtung!) hineinblickt. Im Gegenlicht lassen sie sich ebenfalls erkennen. Pilzbefall kann auch bei modernen Objektiven auftreten, sogar beim Erwerb vom Händler (auf Online-Plattformen schon erlebt). Das Pilzgeflecht kann zum einen für Lichtbrechungen im Objektiv sorgen, zum anderen greift der Pilz die Vergütung der Linsen an, was genanntes verstärkt. Leichter Pilzbefall kann ohne weiteres behoben werden, wenn das Objektiv zerlegt und die Linsen gereinigt werden.
Funktionierender Fokus
Ist der Teil des Objektivs, der für das Fokussieren rotiert wird, schwer bis kaum beweglich, deutet es auf eine Verharzung hin – das Objektiv muss teilzerlegt, gereinigt und neu gefettet werden. Hierfür dürfen nur ausgewählte Fette verwendet werden, die nicht zerfließen und sich im Objektiv ausbreiten.
Nicht zu viel Staub im Objektiv
Durch das Fokussieren bewegt sich der Tubus des Objektivs hinein und hinaus, was einen Unterdruck erzeugt. Zudem gibt es noch den Blendenring und die Blendenmechanik. Alte Analogobjektive sind nicht hermetisch abgeriegelt, und mit langer Nutzungszeit gelangen Staub und kleine Fussel hinein. Leuchtet man von hinten durch das Objektiv und blickt seitlich vorn hinein – Vorsicht vor dem Lichtstrahl, gerade bei starken LED-Lampen – , lässt sich sehr leicht erkennen, ob die Linsen, gelinde gesagt, völlig verdreckt sind, oder noch im annehmbaren Bereich. Ein wenig Staub macht sich weder beim Fotografieren, noch auf den Fotos bemerkbar, selbst bei unmittelbarem und starkem Gegenlicht nicht.
Altes Analogobjektiv vs. moderne Produktion
Viele der aufgeführten Probleme treten bei neu produzierten Analogobjektiven nicht auf. Hier gelten rein die physikalisch-optischen Eigenschaften, und die Verortung des persönlichen Preis-Leistungs-Verhältnisses. Letztendlich bietet sich auch immer an, ein Objektiv einfach auszuprobieren, und es, bei Nichtgefallen, weiterzuverkaufen, oder einem fotobegeisterten Bekannten zu schenken. Bei gebrauchten Objektiven ist der Wertverlust gering, und im mittleren Qualitätsbereich sind auch die Preise moderat.
Was bei einem guten Analogobjektiv aber immer gegeben ist: die unversehens entfesselte Faszination an der Technik, und die Neuentdeckung der Fotografie.